Die Kirche auf dem Dachboden

Eine sympathische Form des Christentums

„Unser Lieber Herr auf dem Dachboden“. So heißt eines der ältesten Museen der holländischen Hauptstadt Amsterdam. Hinter der typischen Fassade eines Grachtenhauses aus dem 17. Jahrhundert verbirgt sich eine vollständige Kirche, die während der Reformation heimlich eingerichtet wurde, da Katholiken zu dieser Zeit in Holland ihren Glauben nicht mehr öffentlich praktizieren durften.

Am 10. Mai 1630 erwarb der 42-jährige Kaufmann Jan Hartmann ein Wohnhaus und zwei angrenzende Gebäude. Im obersten Stockwerk ließ er die Wände durchgebrechen und alle drei Dachböden zusammenschließen. So entstand ein Raum für 150 Besucher, der den Katholiken im Stadtzentrum von Amsterdam für mehr als 200 Jahre als Pfarrkirche diente und sogar von einem eigenen Priester betreut wurde.

Diese Geheimkirche ist bis heute nur über eine schmale Treppe erreichbar und enthält unter anderem eine Madonna aus Lindenholz, einen Beichtstuhl und einen verschließbaren Sakramentsschrank. Noch heute werden auf dem Dachboden gelegentlich Gottesdienste gefeiert - insbesondere Trauungen und Christmetten.

Die Kirche „Unser Lieber Herr auf dem Dachboden“ symbolisiert für mich für eine sympathische Form des Katholizismus, ja noch mehr: eine sympathische Form des Christentums. Sie steht für ein Christentum, das keinen Anspruch auf das Ganze erhebt, nicht über diese Welt herrschen will, sondern sich mit der Rolle einer Minderheit begnügt und - bescheiden und zugleich mutig - die Hoffnung auf eine andere und bessere Welt bezeugt.

Niko Natzschka

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