Die Vermessung der Welt

Glaube und Naturwissenschaft

In dem Roman "Die Vermessung der Welt" (2005) beschreibt der Schriftsteller Daniel Kehlmann (geb. 1975) die fiktive Lebensgeschichte des Mathematikers Carl Friedrich Gauß (1777-1855) und des Naturforschers Alexander von Humboldt (1769-1859). Beide Wissenschaftler vermessen die Welt, d.h. sie erschließen die Wirklichkeit - jedoch auf völlig unterschiedliche Weise. Während Alexander von Humboldt - von Fernweh getrieben - fremde Kontinente bereist, verlässt Carl Friedrich Gauß nur mit Widerwillen den heimischen Schreibtisch.

Bei aller literarischen Freiheit verarbeitet Daniel Kehlmann auch zahlreiche historische Fakten, wie z.B. die folgende Anekdote: Als 9-jähriger trifft Gauß in der Katharinen-Schule in Braunschweig auf einen fachlich und pädagogisch überforderten Schulmeister namens Büttner. Um die etwa 100 Schüler seiner Rechenklasse möglichst lange zu beschäftigen, gibt er ihnen die Aufgabe, alle Zahlen von 1 bis 100 zu addieren. Doch es dauert nur wenige Sekunden, bis ihm der Schüler Gauß eine Tafel mit dem Ergebnis aufs Lehrerpult legt: 5050.

Dann erklärt der kleine Carl seinem staunenden Lehrer den Lösungsweg: Er hat einfach 50 Paare mit der Summe 101 gebildet (1 + 100, 2 + 99, 3 + 98, usw.) und dann die beiden Zahlen 50 und 101 miteinander multipliziert. Die daraus resultierende Formel wird noch heute "Der kleine Gauß" oder "Gaußsche Summenformel" genannt. Mit diesem Ereignis beginnt eine beeindruckende wissenschaftliche Karriere, der die Welt – neben zahlreichen Formeln – auch die Berechnung des Osterdatums zu verdanken hat.

Seit dem Konzil von Nicäa im Jahr 325 n.Chr. wird Ostern am ersten Sonntag nach dem ersten Frühjahrsvollmond gefeiert. Da der Frühling am 20. oder am 21. März beginnt, ist der 22. März der frühestmögliche und der 25. April der spätestmögliche Ostertermin. Somit gibt es 35 mögliche Ostertermine, die sich alle mit der "Gaußschen Osterformel" errechnen lassen.

Das Osterfest hat eine zentrale Bedeutung im Kirchenjahr, weil sich danach fast alle anderen beweglichen Feste richten. Zugleich hat das Osterfest - als Fest der Auferstehung Jesu - eine zentrale Bedeutung für den christlichen Glauben. Dies wusste Carl Friedrich Gauß, der nicht nur ein begnadeter Mathematiker, sondern auch ein überzeugter Christ war.


 

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