Brot und Rose

Inbegriff der Hoffnung

"Wenn das Brot, das wir teilen, als Rose blüht". Dieses Lied des katholischen Theologen Claus-Peter März wird an Erntedank auch in vielen evangelischen Kirchen gesungen. Der Text spielt auf das Rosenwunder der Elisabeth von Thüringen (1207-1231) an. Die Landgräfin Elisabeth verzichtete auf ein verschwenderisches Leben am Thüringer Hof und versorgte stattdessen die Armen von Eisenach mit Nahrung und Kleidung.

Ihre Schwiegermutter war mit dieser Großzügigkeit überhaupt nicht einverstanden. Sie überredete ihren Sohn, den Landgrafen Ludwig, gegen seine eigene Frau vorzugehen. Als Elisabeth wieder einmal einen Korb voller Brot zu den Bedürftigen bringen wollte, wurde sie von Ludwig zur Rede gestellt. Sie verbarg den Korb unter ihrem Mantel und behauptete, es seien Rosen darin. Ihr Mann glaubte ihr nicht und verlangte von ihr, den Mantel zu öffnen. Sie öffnete den Mantel und, siehe da, in dem Korb lag ein wunderbarer Strauß duftender Rosen.

Für mich ist das Brot ein Bild für alles, was mein Körper zum Leben braucht. Und die Rose ist ein Bild für die Liebe, von der meine Seele lebt. Dass ein Brot zur Rose und eine Rose zum Inbegriff der Hoffnung werden kann, habe ich nicht zuletzt von Rainer Maria Rilke (1875-1926) gelernt.

Als der Dichter Rilke in Paris weilte, machte er jeden Tag den gleichen Spaziergang. Dabei kam er jedesmal an einer Bettlerin vorbei, die mit geöffneter Hand und gesenktem Blick am Straßenrand saß. Rilke gab ihr nie Geld. Doch eines Tages kaufte er eine Rose und legte sie in ihre offene Hand. Die Frau hob ihren Kopf, blickte ihn an, richtete sich auf und ging mit der Rose fort. Eine Woche lang sah der Dichter sie nicht. Dann saß sie wieder am gleichen Platz. Zögernd näherte er sich der Bettlerin und fragte sie, wo sie gewesen sei. Da sagte die Frau: "Ich habe von der Rose gelebt".


 

 

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