Dem da

Ein Friedensgruß

Dem da. Dem, der so ganz anders ist. Dem, der neben mir steht. Der mich nicht anschaut. Der mich nicht grüßt. Der sich wohl für was Besseres hält. Der manchmal so komisch lacht. Der nach allen Seiten offen und wohl auch nicht ganz dicht ist. Der mal ein Einzelzimmer bekommen müsste - oben beim Rüger.

Dem da. Dem, der neben mir lebt. Der von hinten aussieht wie von vorn. Der sein Gesicht hinter einem Bart verstecken muss. Der einen selbstgestrickten Pullover und einen Ohrring trägt, aber nur auf einer Seite. Der nicht - wie andere Leute auch - Kaffee trinkt, sondern nur selbstgebrühten Kräutertee.

Dem da. Dem, der neben mir arbeitet. Der nicht mal die Mittlere Reife geschafft hat. Der am Schreibtisch fast einschläft und die ganze Arbeit auf mich abwälzt. Der sich bei meinem Chef eingeschmeichelt hat und ihn auf seiner Dienstreise begleiten darf. Der mir den Job wegnehmen und mich aus der Firma drängen will.

Dem da. Dem, der neben mir wohnt. Der nachts Klavier spielt und sonntags den Rasen mäht. Der hinter seiner Gardine steht und meine Familie beobachtet. Der mir die Frau ausspannen will, obwohl er eigentlich vom andern Ufer kommt. Der sich als Freund meiner Kinder ausgibt, anstatt selbst eine Familie zu gründen.

Dem da. Der sich bloß nicht unterstehen soll. Dem ich noch zeigen werde, was ein Hammer ist. Der irgendwann noch mal in meine Faust laufen wird. Der seinen Kräutertee dann aus der Schnabeltasse trinken kann.

Dem da. Dem, der neben mir steht - in der Kirche. Dem, der neben mir kniet - bei der Präfation. Dem, der mit mir singt - das Sanctus. Dem, der mit mir geht - zum Tisch des Herrn. Dem, der mit mir hört, wie der Pfarrer sagt: "So gebt einander ein Zeichen des Friedens!".

Dem da. Dem, der mir so ähnlich ist. Dem wünsche ich den Frieden des Höchsten: "Der Friede Gottes sei mit Dir!".


 

 

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