Nachgedacht

Er geht mit

Nur noch wenige Tage bis zum Jahr 2000. "Ist Ihnen auch so weng endzeitlich zumute?", fragt der fränkische Kabarettist Erwin Pelzig. Nein, lieber Erwin, ganz im Gegenteil. Ich freue mich auf das neue Jahrtausend! Ich werde den Jahreswechsel nicht wie sonst auf der alten Mainbrücke in Würzburg erleben, sondern auf einer Skifreizeit in Österreich. Da kann ich beruhigt die Pisten hinunterwedeln, denn der Computer im Pfarramt ist bereits fit für das Jahr 2000. Kopfzerbrechen bereiten mir nur die Gemeindeglieder, die in nächster Zeit älter als 100 werden. Denn sie werden vom Computer automatisch zum Kindergottesdienst eingeladen. Natürlich nur in Begleitung ihrer Eltern.

Wie tröstlich, dass schon die alten Römer mit dem Kalender auf Kriegsfuß standen. Der Spötter Voltaire soll einmal gesagt haben:

"Die römischen Feldherrn siegten immer, aber sie wussten niemals, an welchem Tag". Erst der Kaiser Julius Caesar kämpfte sich erfolgreich durch das Chaos und brachte Ordnung in den römischen Kalender. Er führte das Sonnenjahr mit 365 Tagen ein, er ließ alle vier Jahre einen Schalttag einfügen und legte den 1. Januar als Jahresbeginn fest. Der römische Abt Dionysius Exiguus schlug im Jahr 532 vor, die Jahre von der Menschwerdung Christi an zu zählen. Leider verrechnete er sich dabei um einige Jahre. Denn der jüdische König Herodes, der das Christkind verfolgt haben soll, starb bereits im Jahr 4 vor unserer Zeitrechnung. Somit hätten wir das Millenium spätestens im Jahr 1996 feiern müssen.

Aber nicht nur Abt Dionysius hatte sich sich verrechnet, sondern auch Julius Caesar. Papst Gregor XIII. erkannte die zunehmende Differenz zwischen Natur und Kalender. Er wollte verhindern, dass irgendwann einmal im Spätsommer die Schneeglöckchen blühen. Darum strich er kurzerhand 10 Tage aus dem Jahr 1582. Auf Donnerstag, den 4. Oktober, folgte Freitag, der 15. Oktober: eine der wenigen katholischen Entscheidungen, die auch von Protestanten widerspruchslos akzeptiert wurden. Papst Gregor legte fest, dass alle vollen Jahrhunderte nur dann Schaltjahre sind, wenn sie durch 400 teilbar sind. Das Jahr 2000 wird demnach einen 29. Februar haben, das Jahr 2100 nicht.

Dieser kleine Ausflug in die Geschichte unseres Kalenders macht deutlich: Der Jahrtausendwechsel ist ein mehr oder weniger zufälliges Datum. Darum ist mir auch nicht endzeitlich zumute. Das Millenium ist für mich kein Grund zur Angst, sondern ein Grund zur Freude über den, der vor etwa 2000 Jahren geboren wurde. Darum habe ich mich gern auf den Vorschlag einiger Gemeindeglieder eingelassen. Sie wollen an das Geburtstagskind erinnern und haben an unserem Kirchturm eine 12 Meter hohe Fahne angebracht. Diese Fahne wurde von einer deutschen Werbeagentur gestaltet und zeigt oben die Zahl 2000. Diese Zahl wird in langen Bahnen nach unten gezogen und verwandelt sich dort in den Namen Jesus. An der Seite steht auf deutsch, englisch und französisch ein Wort, das Jesus zu seinen Jüngern gesagt hat: "Siehe, ich bin bei euch alle Tage". Dieses Wort begleitet mich beim Übergang ins neue Jahrtausend. Ich weiss nicht, was kommt. Aber ich weiss, wer mit mir geht.


 

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