Eine gute Nachricht

Gegen die Regel

"Nur eine schlechte Nachricht ist eine gute Nachricht": Diese Regel habe ich in der Pressearbeit gelernt. Denn schlechte Nachrichten verkaufen sich gut. Und gute Nachrichten verkaufen sich schlecht.

Was sind schlechte Nachrichten? Die Terrorgefahr wächst. Die Zahl der Arbeitslosen steigt. Der Bildungsstand unserer Schüler sinkt. Die Rente ist nicht mehr sicher. In Südostasien wird eine Tsunamiwarnung herausgegeben. Das sind schlechte Nachrichten, die sich gut verkaufen. Denn nur eine schlechte Nachricht ist eine gute Nachricht.

Diese Regel gab es schon vor 2.500 Jahren. Doch da gab es einen Mann, der es gewagt hat, gegen diese Regel aufzubegehren. Dieser Mann wird der "zweite Jesaja" genannt, weil er - im Gegensatz zu dem ersten Jesaja - nicht im Land Israel sondern im babylonischen Exil gelebt hat. Das Exil war für das Volk Israel eine sehr bedrückende Situation, in der schlechte Nachrichten mehr gefragt waren denn je. In dieser Situation hat es ein Mann gewagt, eine gute Nachricht zu verkündigen: Die Nachricht von dem bevorstehenden Ende des Exils und der Rückkehr in die geliebte Heimat.

Dabei hat Jesaja ein Wort erfunden, das wir heute alle kennen. Er schreibt: "Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße der Freudenboten, die da Frieden verkündigen und Gutes predigen". In der griechischen Übersetzung des Alten Testaments erscheint hier zum ersten Mal das - für das Neue Testament so wichtige - Wort "Evangelium". Darum wird der zweite Jesaja zu Recht als der "erste Evangelist" bezeichnet. Denn er war der erste, der gegen die Regel aufbegehrt hat: "Nur eine schlechte Nachricht ist eine gute Nachricht".

Auch heute noch gibt es viele gute Nachrichten: Ein gesundes Kind wird geboren und in die Arme seiner glücklichen Mutter gelegt. Ein Arzt sagt zu seinem Patienten: "Herzlichen Glückwunsch! Sie haben Ihre Krebserkrankung überwunden". Ein Ehepaar feiert die Goldene Hochzeit und lässt sich noch einmal vom Pfarrer segnen. Ein Hurrikan der Kategorie 5 dreht landeinwärts und wird auf Kategorie 2 herabgestuft. Auf einem Markt in Bagdad explodiert eine Autobombe nicht, weil der Zünder defekt ist.

Es gibt so viele gute Nachrichten. Es fehlt nur an Menschen, die den Mut haben, diese Nachrichten zu verkündigen. Was wir heute mehr denn je brauchen, sind Menschen wie Jesaja, die den Mut haben zu sagen: "Am Ende wird alles gut".


 

Copyright © 1999-2023 Martin-Luther-Kirche, Würzburg. Alle Rechte vorbehalten.
Impressum, Datenschutz, Haftungsausschluß
.