Der König in der Schule

Geographie und Theologie

"Wo liegt die Welt?". Diese Frage soll Friedrich der Große einmal im Rahmen einer Schulvisitation gestellt haben. Denn der König von Preußen überzeugte sich manchmal persönlich von der Qualität des staatlichen Unterrichts. Einmal machte er einen Überraschungsbesuch in einer Berliner Volksschule. Er platzte mitten in eine Erdkundestunde hinein. Der Lehrer sah ihn erschrocken an.

Aber Friedrich der Große ließ sich nicht beirren. Er zeigte auf die Karte, die an der Tafel hing, und fragte die Klasse: "Wo liegt diese Schule?". Da sagte ein Schüler: "In Berlin". Da fragte der König: "Und wo liegt Berlin?". Da sagte ein anderer Schüler: "In Preußen". "Und wo liegt Preußen?". "In Europa". "Und wo liegt Europa?". "Auf der Erde". "Und wo liegt die Erde?". "In der Welt". "Und wo liegt die Welt?". Die Klasse sah den König überrascht an. Keiner wusste die Antwort. Wirklich keiner? Doch, da meldete sich ein kleiner Junge. "Wo liegt die Welt?", fragte der König noch einmal mit Nachdruck. Da sagte der Junge: "In Gottes Hand".

An diese Geschichte werde ich denken, wenn ich am kommenden Dienstag zum ersten Mal nach den bayerischen Sommerferien meine Schule betrete. Ich werde zugleich an den ersten Schultag des vergangenen Jahres denken, den 11. September, der nicht nur mich, sondern auch meine Schüler zutiefst erschüttert hat.

Vielleicht werden mich meine Schüler am Dienstag fragen: "Wo stand eigentlich das World Trade Center?". Da werde ich sagen: "In New York". Und wenn sie dann fragen "Wo liegt New York?", werde ich sagen "In den Vereinigten Staaten". "Und wo liegen die Vereinigten Staaten?". "In Amerika". "Und wo liegt Amerika?". "Auf der Erde". "Und wo liegt die Erde?". "In der Welt". Und wenn die Schüler dann fragen "Wo liegt die Welt?", werde ich einen Moment warten und dann sagen: "In Gottes Hand".


 

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