Narzissus und die Tulipan

Frühlingsboten als Mutmacher

Dunkel
war alles und Nacht.
In der Erde tief
die Zwiebel schlief,
die braune.

Mit diesen Worten beginnt ein Kindergedicht von Josef Guggenmos, das auch mich als Erwachsenen noch begeistert.

Was ist das für ein Gemunkel,
was ist das für ein Geraune,
dachte die Zwiebel,
plötzlich erwacht.
Was singen die Vögel da droben
und jauchzen und toben?
Von Neugier gepackt,
hat die Zwiebel einen langen Hals gemacht
und um sich geblickt
mit einem hübschen Tulpengesicht.
Da hat ihr der Frühling entgegengelacht.

Der Reformator Martin Luther kannte die Tulpe noch nicht, sondern erwähnt in seiner Bibelübersetzung nur die Lilie. "Schaut die Lilien auf dem Feld an", heißt es in der Bergpredigt. "Ich sage euch, dass auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht gekleidet war wie eine von ihnen".

Der Name "Tulpe" leitet sich von den Begriff "Turban" ab und bezeichnet damit sowohl die Form als auch die Herkunft dieser Blume. Die Tulpe gelangte im Jahr 1554 als "türkische Lilie" von Konstantinopel nach Wien. Dort wurde sie von dem Botaniker Carolus Clusius entdeckt, der sie nach Holland brachte und 1593 im Garten der Universität Leiden anpflanzte.

Die Holländer waren von der neuen Blume so begeistert, dass in den Jahren 1623 bis 1637 eine regelrechte Tulpomanie ausbrach. Dabei wurden Zwiebeln mit Gold aufgewogen, bis der Tulpenmarkt einen Börsencrash erlebte und viele Blumenhändler ihre Existenz verloren. Die Liebe der Holländer zu Tulpen blieb jedoch bis zum heutigen Tag erhalten.

Meine Frau kauft regelmäßig Tulpen "beim Holländer" und stellt sie mir auf den Schreibtisch. Wenn ich diese Blumen sehe, vergesse ich für einem Moment die Bilder vom Krieg am Golf. Ich denke an den Liederdichter Paul Gerhardt, der kurz nach dem selbsterlebten und durchlittenen 30-jährigen Krieg schreibt: "Narzissus und die Tulipan, die ziehen sich viel schöner an als Salomonis Seide".


 

 

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