Trick or treat?

Gnade vor Recht

"Trick or treat?". Diese Frage werde ich hören, wenn es morgen abend kurz nach Einbruch der Dunkelheit klingelt und ich meine Haustür öffne. Seit einigen Jahren steht jeweils am 31. Oktober eine wildbunt kostümierte Kinderschar vor dem Pfarrhaus und fragt: "Süßes oder Saures?", was soviel bedeutet wie: "Gibst du uns eine Leckerei oder sollen wir dir einen Streich spielen?". Da es mir schwer fällt, Kindern einen Wunsch auszuschlagen, halte ich für diesen Anlass stets einen Karton mit Kürbissen aus Schokolade bereit. Manchmal versuche ich auch, mit den Kindern ins Gespräch zu kommen und ihnen deutlich zu machen, dass am 31. Oktober nicht nur Halloween gefeiert wird, sondern auch das Reformationsfest.

"Trick or treat?". Diese Frage hat vielleicht schon Martin Luther bewegt, als er am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen gegen den Ablass mit dem Hammer an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg schlug. Martin Luther wollte seiner Kirche die "süße Frucht des Evangeliums" bringen, doch er musste zunächst in den sauren Apfel der Ablehnung beißen. Und dennoch: Seine Lehre verbreitete sich schnell - nicht zuletzt deshalb, weil Luther die Sprache des einfachen Volkes sprach und klare Alternativen aufzeigte: "Gesetz oder Evangelium?", "Süßes oder Saures?".

"Trick or treat?". Diese Frage werde ich mir auch stellen, wenn ich eines Tages vor der Tür des Himmels stehe. Wird sich diese Tür für mich öffnen, auch wenn ich kein Heiliger bin? Wird Gott mich annehmen, auch wenn mein Lebensentwurf gescheitert ist? Wird er Gnade vor Recht walten lassen?

Martin Luther hat alle diese Fragen mit einem donnernden "Ja" beantwortet. Er hat dieses "Ja" buchstäblich an die Wittenberger Kirchentür gehämmert, damit für alle Zeiten klar ist: Der 31. Oktober ist nicht nur Halloween, sondern auch und vor allen Dingen "All hallows eve", der Abend aller Heiligen.


 

 

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